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Om statt Aua

Wie achtsame Yoga-Praxis das Verletzungsrisiko senkt

Die Spatzen pfeifen es seit Jahren von den Dächern: Yoga ist gesund für Geist und Körper. Das gilt allerdings nur, wenn es richtig angeleitet und vor allem richtig ausgeführt wird. Damit Yoga also langfristig Spaß und nicht Schmerzen bereitet, gilt es ein paar wesentliche Dinge zu beachten – und vor allem achtsam zu sein.

Irgendwelche Einschränkungen oder Beschwerden? Die obligatorische Frage zum Beginn der meisten Yogastunden deutet es an: Auch beim Yoga gibt es ein Verletzungsrisiko. Je nach Yoga-Richtung kann es nämlich zu starken Belastungen der Gelenke, Bänder und Muskeln kommen. Vor allem der Rücken, der Nacken, aber auch die Knie, die Knöchel und die Schultergelenke sind Schwachstellen, denen in jeder Hinsicht Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Umso wichtiger ist es, dass die jeweiligen Yogalehrer fehlerhafte Ausführungen korrigieren. Erfahrene Lehrer zeigen zudem bei Bedarf vereinfachte Varianten der Asanas, die etwa bestimmte Gelenke schonen oder insgesamt die Belastung reduzieren.

Höher, schneller und weiter?

Diese Varianten sind auch ein kleiner „Trick“, damit Teilnehmer nicht das Gefühl bekommen, eine Übung nicht „zu beherrschen“. Denn der größte Feind der gesunden Praxis sitzt meistens im Kopf des Praktizierenden selbst. Obwohl es beim Yoga eigentlich um Demut geht, kämpft sich doch der Ehrgeiz immer wieder nach vorne: Geht es noch ein bisschen tiefer, länger, höher? Spätestens wenn man sich selbst beim allzu neidischen Blick zum Mattennachbarn ertappt, der bereits elegante Rückbeugen und diverse Kopfstandvarianten beherrscht, sollte man innehalten.

Eine Umfrage unter rund 30.000 Yogalehrern hat in diesem Zusammenhang ein eindeutiges Bild zu Tage gefördert. Auf die Frage, welche Faktoren am ehesten zu Verletzungen führen, stand an erster Stelle „das Ego“ gefolgt von „übertriebenem Eifer“ und erst an dritter Stelle folgte „schlechte Ausführung/Anweisung“ (Quelle: Umfrage des Columbia College of Physicians and Surgeons 2009, http://www.sciatica.org/downloads/fishmanarticle_analysis.pdf).

Yoga als Labor fürs Ego

Dr. Britta Hölzel, Yogalehrerin und Psychologin, sieht hier einen zentralen Aspekt des Yoga: „Wir können die Yogapraxis als Experimentierfeld begreifen. Sie gibt uns die Möglichkeit, zu spüren, wo die eigenen Grenzen sind. Wenn wir genau hinspüren, können wir sehen, an welcher Stelle wir uns ruhig noch ein wenig weiter herausfordern dürfen und an welcher Stelle es angesagt ist, ein Stück zurückzutreten. Und das zu lernen, ist ein entscheidendes Prinzip. Wenn es mir gelingt, in der Yogastunde mehr auf meine Bedürfnisse zu hören und mit mir selbst freundlicher und liebevoller umzugehen, dann kann ich das nach und nach auch auf meinen Alltag übertragen. Es geht letztlich um Freundlichkeit und Respekt gegenüber sich selbst – im Yoga wie auch im restlichen Leben. In dieser Transferleistung liegt der Schlüssel zur nachhaltigen Stressreduktion.“

Mangelnde Achtsamkeit ist ein Thema, das viele im Alltag betrifft, ohne dass sie es merken: da wird noch ein Projekt angenommen, ein weiteres Ziel gesetzt und der Terminkalender maßlos überstrapaziert. Am Ende steht im schlimmsten Fall der Burnout. Hier liegt eine wichtige Kraft des Yoga. Es lehrt uns, das richtige Maß zu spüren und zu achten. Denken Sie also nach, bevor Sie das nächste Mal versuchen, den Fuß in den Lotussitz zu zwingen. Wem dies auf der Matte gelingt, der hat gute Chancen, auch im Alltag nicht ständig am Limit, sondern „bei sich“ zu sein – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

(Autor: Alex Hirsch)